Flip-Chip Verbindungsstrukturen für den Frequenzbereich 0 bis 500 GHz

FBH-Forschung: 25.11.2015

Abb. 1: Querschnitte durch die Lagenaufbauten von Chip (oben) und Trägersubstrat (unten).

Abb. 2: 3D Ansicht der entwickelten Flip-Chip-Verbindungsstrukturen zwischen zwei geschirmten Streifenleitungen.

Abb. 3: Realteil des Ausbreitungskoeffizienten (oben) und die effektive Permittivitätszahl (unten) der verwendeten geschirmten Streifenleitung auf dem Trägersubstrat aus Messung (durchgezogen) und 2D EM-Simulation (gestrichelt).

Abb. 4: Gemessene (durchgezogen) und simulierte (gestrichelt) Streuparameter von vier Flip-Chip-Verbindungsstrukturen.

Draht- und Bändchenverbindungen gehören zu den gängigsten Verbindungsstrukturen im Mikro- und Millimeterwellenbereich zwischen MMICs (Chips) oder von MMIC zum Trägersubstrat. Um genügend geringe Einfügedämpfungen zu erzielen, müssen diese Drähte/Bändchen im W-Band (75 bis 110 GHz) und darüber hinaus sehr klein werden. Besonders kritisch ist die Höhe und Länge der Drähte/Bändchen. Um diese Probleme zu umgehen, wurden Flip-Chip-Verbindungsstrukturen mit geringen Verlusten bis zu einer Einsatzfrequenz von 500 GHz entwickelt. Dabei gibt es zwei verschiedenartige, technologische Herausforderungen: 1) die Herstellung von geeigneten AuSn-Bumps, und 2) die Realisierung von verlustarmen Wellenleiterstrukturen auf dem MMIC und dem Trägersubstrat. AuSn-Bumps mit einem Durchmesser von 10 µm und einer ungefähren Höhe von 2 µm wurden mit der Elektronenstrahl-Evaporationsmethode [1,2] entwickelt. Im Millimeterwellenbereich stellen Abstrahlverluste und die Anregung von ungewünschten, höheren Feldmoden die Hauptlimitierungsfaktoren für Wellenleiter dar. Um den Einsatz bis 500 GHz zu gewährleisten, wurden geschirmte Streifenleitungen auf dem Chip und dem Trägersubstrat entwickelt [3].

Abb. 1 zeigt die Querschnitte der verwendeten Mehrlagenaufbauten (Chip und Trägersubstrat). Beide bestehen aus drei Goldlagen mit Benzocyclobutene (BCB) als Dielektrikum und enthalten goldgefüllte Durchkontaktierungen. Die Chips besitzen darüber hinaus noch eine Diamantschicht, die eine verbesserte Wärmeableitung für InP DHBT Leistungsverstärker ermöglicht. Der Mehrlagenaufbau befindet sich bei den Chips auf Aluminium-Nitrid (AlN) und bei den Trägersubstraten auf Silizium (Si).

Die AuSn-Bumps verbinden die G2_sub Lage auf dem Trägersubstrat mit der G2 Lage auf dem Chip. Um den Signal-Bump herum befinden sich mehrere Ground-Bumps. Durch diese Schirmung lassen sich Abstrahlverluste und auch die Anregung höherer Feldmoden effektiv vermeiden (Abb. 2).

Wir verwenden die „i-line Stepper-Lithographie“ mit 15 µm negativem Fotolack um einen "Lift-Off-Lack" für die nachfolgende Abscheidung von eutektischen Au80Sn20-Bumps mit einer Höhe von 6 µm (vor dem Bonding) und einem Durchmesser von 10 µm. Die gewünschte eutektische Zusammensetzung wird durch die abwechselnde Abscheidung von Sn- und Au-Lagen mit geeigneten Schichtdicken erreicht. Die Abscheidungs-Sequenz endet mit einer dünnen Goldschicht, um eine Oxidation der Oberfläche zu vermeiden. Die AuSn-Bumps und die darunterliegende galvanische Goldlage G2_sub sind durch eine dünne TiPtAu-Diffusionsbarriere getrennt, deren Zusammensetzung in einem eigenen lithographischen "Lift-Off-Schritt" bestimmt wird, um die ungewünschte Diffusion von Au in Sn zu vermeiden. Nach Abschluss aller Front-End-Prozessschritte werden beide 3 Zoll Wafer (Chip und Trägersubstrat) mit einer Diamantsäge vereinzelt. Die eigentliche Flip-Chip-Verbindungsstruktur wird mit dem halbautomatischen FC-150 Bonder durchgeführt. Die Bond-Temperatur beträgt 320 bis 350°C und wirkt über einen Zeitraum von mindestens 100 Sekunden ein, um einen ausreichenden Wärmetransfer durch die BCB Schichten bis hin zu den AuSn-Bumps zu gewährleisten.

Bei der Vermessung der Flip-Chip-Verbindungsstrukturen kam das Multiline-Thru-Reflect-Line (mTRL) Kalibrierverfahren zum Einsatz. Die gefertigten, geschirmten Streifenleitungen sind ideal für den Einsatzfrequenzbereich bis 500 GHz geeignet, sie ermöglichen eine präzise On-Wafer-Kalibrierung mit Referenzebenen für die Streuparameter-Messung in Streifenleitungstechnik. Abb. 3 vergleicht den gemessenen und simulierten (2D EM) Ausbreitungskoeffizienten und die effektive Permittivitätszahl der Streifenleitung auf dem Trägersubstrat, welche sehr gut übereinstimmen. Die Abb. 4 enthält gemessene und simulierte (3D EM) Streuparameter von vier, kaskadierten Flip-Chip-Verbindungsstrukturen mit einer Gesamtlänge von 1.8 mm. Jede der beiden Streifenleitungen auf dem Chip hat eine Länge von 160 µm. Bei 500 GHz wurde eine Einfügedämpfung von 5 dB gemessen. Dies entspricht in etwa 1 dB Dämpfung pro Flip-Chip-Übergang  (ohne Streifenleitungsverluste). Im Frequenzbereich von 0 bis 500 GHz ist die Rückflussdämpfung stets größer als 18 dB.

Publikationen:

[1] S. Monayakul, S. Sinha, C.-T. Wang, N. Weimann, F.-J. Schmückle, M. Hrobak, V. Krozer, W. John, L. Weixelbaum, P. Wolker, O. Krüger, W. Heinrich, „Flip-Chip Interconnects for 250 GHz Modules“, IEEE Microwave and Wireless Components Letters, Vol. 25, No. 6, June 2015.

[2] S. Monayakul, S. Sinha, F. J. Schmückle, M. Hrobak, D. Stoppel, O. Krüger, B. Janke, N. G. Weimann, „Process Robustness and Reproducibility of sub-mm Wave Flip-Chip Interconnect Assembly”, Conf. on Electrical Performance of Electronic Packaging and Systems (EPEPS), San Jose, USA, Oct. 25-28, 2015.

[3] S. Sinha, S. Monayakul, M. Hrobak, R. Dörner, F.-J. Schmückle, N. Weimann, V. Krozer, W. Heinrich, “Theory, Design and Characterization of Broadband Terahertz Interconnects”, IEEE Transactions on Microwave Theory and Techniques, submitted.