3.3 Die Wandknoten

Eine sehr wichtige Vorarbeit für ATLM-Simulationen ist die Berechnung der Streumatrizen der Wandknoten. Sind Geometrie und Medium einer Teststruktur vorgegeben, so wird zunächst die Diskretisierung, also die Aufteilung des Simulationsgebiets in Zellen durchgeführt. Jeder Zelle werden anschließend ihre Dimensionen, die Eigenschaften des Mediums und gegebenenfalls die Lage idealer Wände zugeordnet. Alle diese Informationen fließen in die Berechnung der Streumatrix der Zelle ein.

Die Zelldimensionen und die Medienparameter sind, wie beim herkömmlichen TLM, Parameter der Streumatrix. Die Randbedingungen für elektrisch und magnetisch ideal leitende Wände können aber nicht mit einfachen Parametern der Streumatrix beschrieben werden. Sie erfordern eine Veränderung der Struktur der Streumatrix.

Hier wird der Unterschied zum herkömmlichen TLM deutlich. Die Eigenschaften der Wände werden nicht wie bei TLM durch die Pulspropagation beschrieben, sondern durch veränderte Streuprozesse im Knoten modelliert. Während alle TLM-Streumatrizen eine einheitliche Struktur aufweisen, sind für die verschiedenen Wandkombinationen bei ATLM unterschiedliche Streumatrizen notwendig. Jeder Schnitt einer Wand durch eine ATLM-Zelle verändert deren Streumatrix.

Wie berechnet man aus den Zelldimensionen, den Medieneigenschaften und den Wandeigenschaften die Streumatrix eines ATLM-Wandknotens? Das ist die Aufgabenstellung für die folgenden Abschnitte.

3.3.1 Das Prinzip des Wandknotens

Die Berechnung der Streumatrizen für Wandknoten basiert auf der TLM-Netzwerkanalogie. Das bedeutet, man betrachtet das TLM-Gitter als ein Netz aus Transmissionsleitungen, die in den TLM-Zellen über Zwölftore miteinander verbunden sind. Diese Zwölftore sind die TLM-Streuknoten. Ihre Streueigenschaften werden mittels der Streumatrizen beschrieben.

Abbildung 3.6

Abb. 3.6: Der Schnitt einer elektrisch leitenden Wand durch einen TLM-Knoten.

Legt man beispielsweise eine ideal elektrisch leitende Wand in den Streuknoten, dann erhält man die in Bild 3.6 dargestellte Situation. Einige TLM-Leitungen werden durch die Wand halbiert. Bestimmte Tore werden kurzgeschlossen und einige werden abgedeckt. Konkret entstehen für die Verbindungsleitungen am Beipielknoten folgende Veränderungen:
a) Das nach oben von der Wand wegführende Leitungspaar wird von der Wand nicht beeinflußt und bleibt unverändert.
b) Die vier in der Wandfläche liegenden Leitungspaare werden von der Wand geschnitten. Dabei werden die Leitungen, deren Polarisation parallel zur Wandfläche gerichtet ist, durch die elektrisch leitende Wand elimiert. Die entsprechenden Tore der Streumatrix werden kurzgeschlossen. Die normal zur Wandfläche polarisierten Leitungen werden längs halbiert. Diese verbleibenden Leitungen erhalten demnach die halbe charakteristische Impedanz im Vergleich zu ungeschnittenen Leitungen.
c) Die von der elektrisch leitenden Wand verdeckt nach unten weisenden Leitungen werden eliminiert. Auf die betroffenen Tore wird dazu die Leerlaufbedingung angewendet.
d) Die von der elektrisch leitenden Wand horizontal bzw. vertikal geschnittenen Stichleitungen halbieren ihre charakteristische Impedanz.
Aus diesen Angaben bestimmt man die zur Berechnung der Wandstreumatrizen notwendigen Informationen. Konkret müssen die folgenden zwei Fragen für alle Wandknoten vollständig beantwortet werden.
1) Welche Streumatrixtore müssen durch einen Kurzschluß und welche durch einen Leerlauf eliminiert werden?
2) Welchen Wert besitzen die charakteristischen Impedanzen der an die verbleibenden Tore angeschlossenen TLM-Verbindungsleitungen?
Die entsprechenden Antworten beinhalten alle Daten zur exakten Berechnung der Streumatrizen der ATLM-Wandknoten.

Wie diese Fragen für magnetische Wände und verschiedene Eck- und Kantenkombinationen beantwortet werden, wird im nächsten Abschnitt 3.3.2 erklärt. Im übernächsten wird allgemein gezeigt, wie aus den Kurzschluß- und Leerlaufangaben sowie den Impedanzdaten der TLM-Verbindungsleitungen die Streumatrizen der Wandknoten berechnet werden.

3.3.2 Streumatrizen von Wandknoten

Bei der Berechnung der Streumatrizen von Wandknoten werden die TLM-Zellen jeweils einzeln betrachtet. Das ist problemlos möglich, da alle Streumatrizen allein aus den Geometrie- und Mediendaten unabhängig von den Eigenschaften der Nachbarzellen bestimmt werden können.

Den Typ und die Position der Wände erhält man aus der Geometriebeschreibung der gesamten Struktur. Diese Daten ordnet man jeder betroffenen Zelle zu. Die Wände verändern die Streumatrix des Knotens. Sie verursachen Kurzschluß- und Leerlaufeliminationen von verschiedenen Toren der Streumatrix und beeinflussen die charakteristische Impedanz der Verbindungsleitungen zwischen den TLM-Knoten. In den nächsten Abschnitten sind die Zusammenhänge zwischen den Wandeigenschaften und ihren Auswirkungen auf die Streumatrixtore dargelegt. Die Berechnung der Streumatrix des Wandknotens ist im Abschnitt 3.3.3 dargestellt.

3.3.2.1 Regeln zur Bestimmung der Einflüsse von Wandeigenschaften auf die Streumatrizen

Grundsätzlich gelten für die Wandknoten des ATLM-Schemas folgende Regeln:
a) Welche Verbindungsleitungen und damit verbundene Streumatrixtore werden eliminiert? Wie findet diese Elimination statt?
- Verbindungsleitungen, die in der Ebene einer elektrisch leitenden Wand liegen und parallel zu dieser Wand polarisiert sind, werden eliminiert. Die mit diesen Leitungen verbundenen Tore der Knotenstreumatrix müssen mit einer Kurzschlußbedingung eliminiert werden.
- Verbindungsleitungen, die in der Ebene einer magnetisch leitenden Wand liegen und normal zu dieser Wand polarisiert sind, werden eliminiert. Die mit diesen Leitungen verbundenen Tore der Knotenstreumatrix müssen mit einer Leerlaufbedingung eliminiert werden.
- Tore, die hinter einer elektrisch leitenden Wand liegen und von dieser so abgedeckt werden, daß sie keine Verbindung zu Nachbarknoten besitzen, werden mit einer Leerlaufbedingung eliminiert.
- Tore, die hinter einer magnetisch leitenden Wand liegen und von dieser so abgedeckt werden, daß sie keine Verbindung zu Nachbarknoten besitzen, werden mit einer Kurzschlußbedingung eliminiert.
b) Welche Verbindungsleitungen erhalten veränderte charakteristische Impedanzen? Wie groß sind die geänderten Leitungsimpedanzen?
- Alle Verbindungsleitungen, die nicht von Wänden geschnitten werden, besitzen die charakteristische Impedanz Z0.
- Die charakteristischen Impedanzen von Verbindungsleitungen, die in der Ebene einer elektrisch leitenden Wand liegen und normal zu dieser Wand polarisiert sind, werden halbiert.
- Die charakteristischen Impedanzen von Verbindungsleitungen, die in der Ebene einer magnetisch leitenden Wand liegen und parallel zu dieser Wand polarisiert sind, werden verdoppelt.
c) Welche Stichleitungen erhalten veränderte charakteristische Impedanzen? Wie groß sind die geänderten Impedanzen?
- Die charakteristischen Impedanzen von Stichleitungen, die horizontal bzw. vertikal von einer elektrisch leitenden Wand geschnitten werden, werden halbiert.
- Die charakteristischen Impedanzen von Stichleitungen, die horizontal bzw. vertikal von einer magnetischen leitenden Wand geschnitten werden, werden verdoppelt.
Diese Regeln gelten für alle Wandkombinationen, bei denen der Winkel zwischen den Wandflächen kleiner gleich 180° ist. Dabei ist der Winkel im Simulationsraum gemeint, der nicht von den Wänden abgedeckt wird. Wandkombinationen mit größerem Winkel, also sogenannten Außenkanten und -ecken, wie sie z. B. im Anhang in den Abbildungen A.5 und A.6 zu sehen sind, können damit nicht direkt beschrieben werden. Für diese Zellen mit 270°-Winkeln benötigt man folgende Regelergänzung:
- Verbindungsleitungen, die längs einer elektrisch leitenden 270°-Kante führen, werden nicht eliminiert.
- Die charakteristische Impedanz einer Verbindungsleitung, die längs einer elektrisch leitenden 270°-Kante führt, besitzt den Wert
  Gleichung 3.5(3.5)
Die Leitungsimpedanz ist proportional zum Wellenwiderstand des Mediums, das die Kante umgibt. Für den empirisch bestimmten Proportionalitätsfaktor, der hier Kantenimpedanzfaktor genannt wird, gilt
  Gleichung 3.6(3.6)

3.3.2.2 Erläuterungen zu den Regeln

Bei der Betrachtung des Netzwerkersatzschaltbilds der TLM-Verbindungsleitungen leuchtet es sofort ein, daß eine Leitung, die parallel in eine elektrisch leitende Wandfläche gelegt wird, eliminiert wird und die mit ihr verbundenen Streumatrixtore einen Kurzschluß erfahren. Ebenfalls eliminiert wird eine Leitung, die in normaler Richtung von einer magnetisch leitenden Wand geschnitten wird. Die mit ihr verbundenen Streumatrixtore werden mit einer Leerlaufbedingung abgeschlossen.

Dagegen bleiben die Leitungen bestehen, wenn die Schnittwände um 90° gekippt sind. Diese Fälle sind in der Abbildung 3.7 dargestellt. Die Wände zerteilen die Leitungen in jeweils eine vor und eine hinter der Wand liegende, halbierte Leitung. Dabei werden die charakteristischen Impedanzen der Leitungen verändert. Die vom Wandtyp und der Schnittrichtung abhängigen Impedanzwerte sind in Bild 3.7 angegeben.

Abbildung 3.7

Abb. 3.7: Die in leitenden Wandflächen liegenden Verbindungsleitungen verändern, je nach Wandtyp und -richtung, ihre charakteristische Impedanz. Wird die ungeschnittene Leitung mit der Impedanz Z0 (mittig) von einer magnetischen Wand parallel geschnitten (links), so verdoppelt sich die Leitungsimpedanz. Ein normal zur Leitung gerichteter Schnitt einer elektrisch leitenden Wand (rechts) führt zu einer Halbierung der charakteristischen Impedanz.

Die senkrecht von der Wandfläche wegführenden und von der Wand abgedeckten TLM-Verbindungsleitungen werden eliminiert. Da ein Freiraumstreuknoten nach der Elimination verlustfrei, also unitär bleiben muß, stehen dazu nur die Kurzschluß- und die Leerlaufbedingung zur Auswahl. Aus dem Netzwerkersatzschaltbild kann keine direkte Begründung für die Wahl der Eliminationsbedingung gegeben werden, deshalb wurden die beiden Möglichkeiten verglichen. Anhand der Wellenausbreitung in einer Parallelplattenleitung, die als Teststruktur im Abschnitt 3.6.1 gezeigt ist, wurden die Eigenschaften der Streumatrizen überprüft. Dieser Vergleich führte zu den oben genannten Regeln, die besagen, daß die hinter einer elektrisch leitenden Wand liegenden Tore mit einer Leerlaufbedingung und die hinter einer magnetisch leitenden Wand liegenden Tore per Kurzschluß eliminiert werden.

Abbildung 3.8

Abb. 3.8: Der Querschnitt durch eine sogenannte Außenkante und die entlang dieser Kante laufenden Verbindungsleitungen. Die Kante wird durch ideal elektrisch leitende Wände gebildet. Die charakteristische Impedanz der Leitungen Zk ist vom umgebenden Medium (epsilon r, mu r) abhängig.

Die TLM-Verbindungsleitungen, die längs der elektrisch leitenden Außenkante verlaufen, siehe Bild 3.8, besitzen eine vom Medium abhängige charakteristische Impedanz Zk, siehe Gleichung (3.5). Sie ist proportional zum Feldwellenwiderstand des entsprechenden Mediums, wobei als Proportionalitätsfaktor der Kantenimpedanzfaktor kl=2,88600 eingesetzt wird. Dieser Wert kl wurde empirisch mittels Testsimulationen eines Rechteckhohlleiters mit quadratischem Innenleiter bestimmt, siehe Abschnitt 3.6.1. An dieser Struktur wurden die Ausbreitungseigenschaften der elektromagnetischen Welle längs der Außenkante untersucht. Anhand des Vergleichs der Simulationsergebnisse und der theoretischen Struktureigenschaften konnte der Kantenimpedanzfaktor bestimmt werden.

Eine theoretische Berechnung von kl ist bisher noch nicht erfolgt. Dazu wäre es notwendig, die Streumatrizen der ATLM-Knoten mit leitenden Wänden aus den Maxwellgleichungen abzuleiten. Die Herleitung der Streumatrix für eine TLM-Zelle ohne Wände ist bekannt (siehe [9]), es existiert jedoch noch keine Herleitung für Streumatrizen von Wand- und Kantenknoten aus den Maxwellgleichungen. Erst mit einer allgemeinen theoretischen Berechnung der ATLM-Wandknoten wird es möglich sein, den Kantenimpedanzfaktor exakt zu bestimmen.

3.3.2.3 Einfacher Streuknoten einer elektrisch leitenden Wandfläche

Für die genaue Beschreibung der Lage der Wände führt man ein Numerierungsschema für die Kanten der ATLM-Zelle ein. Abbildung 3.9 zeigt diese Kantennumerierung. Mit ihrer Hilfe werden die Positionen der Wandflächen bezeichnet, indem die von den Flächen geschnittenen Kanten bzw. ihre Nummern angegeben werden. Daneben ist in Abbildung 3.10 die Bezeichnung der TLM-Tore dargestellt.

Abbildung 3.9 Abbildung 3.10
Abb. 3.9: Kantennumerierung Abb. 3.10: Tornumerierung

Die einfachsten und auch am häufigsten verwendeten Wandzellen modellieren durchgehende Wände. Die Beispielknoten für eine elektrisch und eine magnetisch leitende Wand sind im Anhang in den Abbildungen A.1 und A.2 zu finden.

Als erstes Beispiel wird die elektrisch leitende Wand betrachtet. Hier schneidet die Randfläche die Zellenkanten 7, 8, 9 und 10. Das bedeutet, daß die Tore 5, 6 11 und 12 kurzgeschlossen werden, da sie in der Wandläche liegen und parallel dazu polarisiert sind. Die von der Wand abgedeckten Tore 1 und 3 werden mit der Leerlaufbedingung eliminiert. Dabei verschwinden gleichzeitig die Verknüpfungen der Stichleitungstore 14, 15 und 16 mit dem Streuknoten. Die benannten Stichleitungen können daher ignoriert werden. An die Tore 7, 8, 9 und 10 werden ideale Übertrager als Impedanzwandler angeschlossen. Das ist erforderlich, da sich die charakteristischen Impedanzen der an diesen Toren angeschlossenen Verbindungsleitungen durch den Wandschnitt halbiert haben. Aus dem gleichen Grund werden Übertrager an die Stichleitungstore 13, 17 und 18 angefügt. Eine übersichtliche Zusammenstellung der Eliminationsbedingungen und der Impedanzen dieses Wandknotens ist im Anhang aufgeführt.

3.3.2.4 Streuknoten für Wandkombinationen

Sobald konkrete Strukturen modelliert werden, stellt sich die Frage, wie Streuknoten für Wandkombinationen gebildet werden. Grundsätzlich überlagert man die Eliminationsbedingungen und Leitungs- bzw. Torimpedanzen der einzelnen Wandelemente. Bei den Torimpedanzen wird diese Superposition durch das Produkt der einzelnen Impedanzwerte erreicht. Für die Eliminationsbedingungen muß jedoch zunächst geprüft werden, ob Widersprüche auftreten. Wenn sich die Eliminationsbedingungen an einem Tor nicht widersprechen, so bleiben sie bestehen. Bei gegensätzlichen Angaben wird der Kurzschlußbedingung der Vorzug gegeben. Die Vorgehensweise wird in den folgenden Abschnitten an einigen Beispielen erläutert.

Innenkanten und Innenecken

Mit Innenkanten und Innenecken werden ATLM-Zellen bezeichnet, bei denen nur ein Viertel oder ein Achtel des Zellenvolumens im Simulationsgebiet liegt. Der restliche Bereich wird von den Wänden abgedeckt und liegt außerhalb des Simulationsgebiets. Die Winkel zwischen den Wandflächen sind dabei kleiner gleich 180°. Beispiele für Innenkanten sind die im Anhang gezeigten Knoten A.3 und A.4.

Die Streumatrix der aus zwei elektrisch leitenden Wänden gebildeten Kante A.3 kann direkt durch Anwenden des in Abschnitt 3.3.2.1 dargelegten Schemas berechnet werden. Die von den Wänden geschnittenen Tore 4, 6, 9, 10, 11 und 12 werden kurzgeschlossen. Die abgedeckten Tore 1, 3, 5 und 7 eliminiert man mit einem Leerlauf. Damit entfallen gleichzeitig die Stichleitungstore 13 bis 17. Die beiden verbleibenden externen Tore 2 und 8 werden mittels Impedanzwandler an die Leitungsimpedanz 1/2 Z0 angepaßt. Das Streumatrixtor 18, an das die leerlaufende z-Stichleitung angeschlossen wird, muß an 1/4 Z0 angepaßt werden, da die Stichleitung von zwei Wänden geschnitten und daher ihre Impedanz geviertelt wird.

Die Impedanz- und Eliminationsdaten der anderen Beispielkante aus einer elektrischen und einer magnetischen Wand sind im Bild A.4 dargestellt. Hier tritt der Fall auf, daß sich die charakteristische Impedanz der längs der Kante geführten Leitungen (an Tor 9 und 10) durch die Schnitte beider Wände nicht verändert. Die Einflüsse der elektrischen und magnetischen Wand heben sich hier auf. Der gleiche Effekt tritt auch an den Stichleitungen auf. Die charakteristischen Impedanzen der doppelt geschnittenen Leitungen bleiben somit unverändert Z0.

Außenkanten und Außenecken

Unverzichtbare Strukturelemente sind Außenkanten und Außenecken. Zwei typische Beispiele sind in den Abbildungen A.5 und A.6 zu sehen. Auch hier kann das Berechnungsschema direkt und problemlos angewendet werden.

Interessant ist die vom Medium abhängige charakteristische Impedanz der längs der Kante führenden Verbindungsleitungen. Die zu ihrer Anpassung notwendigen Übertrager besitzen das Impedanzverhältnis z k=Z k/Z 0, siehe Gleichung (3.5).

Bei der Außenkante aus Bild A.5 sind die Tore 5 bis 8 betroffen. An ihnen sind die längs der Kante geführten Verbindungsleitungen angeschlossen. Die Tore 5 bis 8 müssen mittels idealer Übertrager an die Impedanz Zk der Kantenverbindungsleitungen angepaßt werden.

Zur Berechnung der Streumatrix der in Bild A.6 gezeigten Außenecke müssen keine Tore eliminiert werden, eine Impedanzanpassung der Leitungen in Kantenrichtung ist jedoch notwendig. Für den Beispielknoten ist die Anpassung der Tore 1, 3, 5, 7, 9 und 11 an die Impedanz Zk der Kantenleitungen notwendig.

Weitere Wandkombinationen

Bei der Untersuchung der Geometrien von verschiedenen Strukturen, z. B. Spiralinduktivität und Durchkontaktierung, findet man neben bisher vorgestellten Wand-, Eck- und Kantenknoten eine Vielzahl von ATLM-Zellen mit den unterschiedlichsten Wandflächenkombinationen. Typisch sind die in den Abbildungen A.7 und A.8 dargestellten Streuknoten. Hier stößt eine Außenkante auf eine ausgedehnte elektrisch bzw. magnetisch leitende Fläche. Solche Wandkombinationen treten beispielsweise in Strukturen auf, bei denen das Simulationsgebiet mit ideal leitenden Wänden abgeschlossen ist.

Die Streumatrix des Beispielknotens A.7 entsteht aus der Freiraumstreumatrix durch Kurzschließen der Tore 1, 3, 4, 9, 10 und 11, die parallel in elektrisch leitenden Wandflächen liegen, und durch die Leerlaufelimination der Tore 5 und 7, die von der elektrischen Wand abgedeckt sind. Medienunabhängige Impedanzanpassungen sind an den Toren 2 und 12 sowie an allen verbleibenden Stichleitungstoren erforderlich. Die zur Kante führenden Tore 6 und 8 werden an die medienabhängige Impedanz Zk angepaßt.

Infinitesimal dünne Wände

Bei manchen Strukturen kann es erforderlich sein, ideal leitende Wände mit der Dicke Null einzusetzen. Dies ist mit ATLM prinzipiell möglich. Es sind jedoch noch nicht alle Probleme gelöst. So muß bei der Modellierung der Flächenenden folgendes beachtet werden.

Abbildung 3.11

Abb. 3.11: Ein Querschnitt durch eine Wand der Dicke Delta l. Am rechten Ende der Wand sitzen zwei Streuknoten zur Beschreibung der Außenkanten.

Abbildung 3.12

Abb. 3.12: Ein Querschnitt durch eine mit ATLM modellierte infinitesimal dünne Wand. Zum Abschluß der Wand wird am rechten Ende ein Wandknoten für eine 360°-Außenkante benötigt.

Abbildung 3.13

Abb. 3.13: Ein Querschnitt durch das Ende einer infinitesimal dünnen Wandfläche mit Wulst. Dieser Wulst erlaubt die Modellierung von dünnen Wandflächen auch ohne den sonst notwendigen 360°-Abschlußknoten.

In der Abbildung 3.11 ist ein Querschnitt durch eine ideal leitende Wand der Dicke Delta l dargestellt. Den Übergang zu einer infinitesimal dünnen Wand zeigt Bild 3.12. Dabei wird die Topologie des ATLM-Gitters verändert. Bisher war zur Beschreibung einer ATLM-Zelle ein einzelner Streuknoten ausreichend. Für die von Wandflächen geschnitten ATLM-Zellen sind aber mehrere unabhängige Knoten notwendig. In jedem durch die Wände getrennten Simulationsgebiet besitzt die zerteilte Wandzelle ein eigenes Streuzentrum. Im relativ einfachen Fall einer infinitesimal dünnen leitenden Wand benötigt man zur Modellierung der ATLM-Wandzelle zwei Knoten, die oberhalb und unterhalb der Wand sitzen. Bei komplizierteren Flächenkombinationen kann es sogar erforderlich sein, bis zu acht Streuknoten einer einzelnen ATLM-Zelle zuzuordnen. Um die Handhabung dieser sogenannten Multizellen zu ermöglichen, empfiehlt es sich, die in der Zelle sitzenden und voneinander unabhängigen Streuknoten zu einer großen Streumatrix zusammenzufassen. Das erlaubt die Durchführung aller Streuoperationen der Zelle mit einer einzigen Matrix-Vektor-Multiplikation.

Die Berechnung der einzelnen Streumatrizen von Multizellen an infinitesimal dünnen Wänden ist, bis auf eine Ausnahme, unproblematisch. Im inneren Bereich von Wandflächen und an Übergängen zu anderen Strukturelementen kommen die bekannten Matrizen für Knoten an ideal leitenden Wänden, Kanten und Ecken zum Einsatz. Soll jedoch das Endstück einer ideal leitenden Fläche modelliert werden, wie es z. B. in Abbildung 3.12 dargestellt ist, so muß die Streumatrix der 360°-Außenkante berechnet werden. Da dies bisher ein theoretisch ungelöstes Problem ist, verwendet man die in Bild 3.13 aufgezeigte Lösung. Hier ist der Querschnitt durch eine infinitesimal dünne Wand gezeigt, die mit einem Wulst abgeschlossen ist und somit keine 360°-Außenkante erfordert. Die Gitterdiskretisierung ist dabei so zu verfeinern, daß der Einfluß des Wulstes durch unerwünschte Reflexionen auf die Simulationsergebnisse möglichst gering ist.

In der Praxis sind die Störeinflüsse des Wulstes nicht immer in ausreichendem Maß unterdrückbar. In diesen Fällen sollte auf die Verwendung der infinitesimal dünnen Wand mit Wulst verzichtet werden. In fast allen Anwendungsfällen ist dies problemlos möglich. Man verwendet stattdessen Wände mit endlicher Dicke (siehe z. B. Abbildung 3.11).

3.3.3 Die Berechnung der Streumatrizen

Hat man aus der Position der idealen Wände im ATLM-Knoten bestimmt, welche Tore des Streuknotens durch Kurzschluß oder Leerlauf eliminiert werden müssen und welchen Wert die charakteristischen Impedanzen der verbleibenden Verbindungsleitungen besitzen, so faßt man diese Angaben in der Diagonalmatrix R und dem Vektor z zusammen.

Die Eliminationsmatrix R hat Diagonalform. Sie lautet:

Gleichung 3.7(3.7)

Für die Elemente von R gilt

Gleichung 3.8(3.8)

Die Elemente des Impedanzvektors

Gleichung 3.9(3.9)

sind die charakteristischen Impedanzen der Verbindungsleitung, die an die Tore i=1, 2, . . . n angeschlossen sind.

Im Gegensatz zur Eliminationsmatrix R, die nur die 12 Außentore des TLM-Knotens betrifft, werden die charakteristischen Impedanzen z für die 12 Außentore und die eventell im Knoteninneren vorhandenen Stichleitungen vorgegeben. Für den symmetrisch kondensierten Knoten mit Stichleitungen erfordert die Diagonalmatrix R also 12 Elemente und der Vektor z 18 Elemente. Beim symmetrisch kondensierten Knoten ohne Stichleitungen besitzen R und z jeweils 12 Elemente.

3.3.3.1 Elimination der Tore

Zur Berechnung der Streumatrix des Berandungsknotens wird von der Streumatrix S des wandfreien Knotens ausgegangen. Der erste Rechenschritt ist die Elimination der überflüssigen Tore. Dazu werden die Zeilen und Spalten der Matrix S so umsortiert, daß alle zu entfernenden Tore den unteren Zeilen und rechten Spalten zugeordnet sind.

Gleichung 3.10(3.10)

Die Permutationsmatrix P ist quadratisch. Genau ein Element in jeder Zeile und Spalte hat den Wert 1, der Rest ist 0. Die Matrix P bestimmt man mit

Gleichung 3.11(3.11)

wobei i=1, 2, . . . n die Zeilen- und Spaltenreihenfolge vor der Permutation und j=p1, p2, . . . pn die Reihenfolge nach der Permutation darstellt.

Zur Elimination der kurzgeschlossenen und leerlaufenden Tore der Streumatrix wird die Eliminationsmatrix R aus Gleichung (3.8) ebenfalls dieser Permutation unterzogen.

Gleichung 3.12(3.12)

Die Matrix S' wird anschließend in die vier Untermatrizen S11, S12, S21 und S22 aufgeteilt. Die Aufteilung erfolgt so, daß S11 nur verbleibende und S22 nur zu eliminierende Tore verknüpft:

Gleichung 3.13(3.13)

Die Elimination der mit Kurzschluß und Leerlauf abgeschlossenen Tore liefert die Matrix Sb

Gleichung 3.14(3.14)

Das Zwischenergebnis Sb beschreibt die Streueigenschaften des Wandknotens zwischen den verbleibenden Toren und den eventuell vorhandenen Stichleitungen. Die charakteristischen Impedanzen aller Tore dieser Streumatrix sind gleich und haben den Wert Z0. Da jedoch durch die Wände oft eine Veränderung der charakteristischen Impedanzen der TLM-Verbindungsleitungen verursacht wird, sind bei der Zusammenschaltung des Streuknotens und der Transmissionsleitungen geeignete Anpassungen mittels idealer Übertrager notwendig.

3.3.3.2 Berücksichtigung der charakteristischen Impedanzen der Verbindungsleitungen bei der Berechnung der Streumatrizen

Alle Tore der Streumatrix S eines wandfreien Knotens weisen die gleiche charakteristische Impedanz Z0 auf. Das ändert sich auch nicht, wenn bei der Anwendung der Gleichung (3.14) einige Tore durch Kurzschluß- oder Leerlaufbedingungen eliminiert werden. Die von den Wandflächen geschnittenen Verbindungsleitungen besitzen aber oft eine von Z0 verschiedene charakteristische Impedanz. Da Streumatrixtore mit unterschiedlichen charakteristischen Impedanzen nicht direkt miteinander verbunden werden können, müssen bei der Verbindung der Leitungen mit den Toren des Streuknotens zur Anpassung ideale Übertrager zwischengeschaltet werden.

Abbildung 3.14

Abb. 3.14: Der ideale Übertrager ist für die Verbindung von Toren mit unterschiedlichen charakteristischen Impedanzen notwendig.

Bild 3.14 zeigt das Prinzip. Die Leitung mit der charakteristischen Impedanz Zw soll mit einem Tor des Streuknotens, das die charakteristische Impedanz Z0 hat, verbunden werden. Dazu schließt man das Tor des Knotens an das Tor 1 des Übertragers, das ebenfalls die Impedanz Z0 aufweist, reflexionsfrei an. Das Tor 2 des Übertragers hat die charakteristische Impedanz Zw und wird mit dem Eingangstor der Leitung verbunden. Der als Impedanzwandler fungierende ideale Übertrager bewirkt die Anpassung zwischen Knoten und Leitung.

Die Streumatrix des Übertragers lautet

Gleichung 3.15amit Gleichung 3.15b(3.15)

Um bei der ATLM-Simulationsrechnung die Ausführung der Streuoperation durch diese zusätzlichen Streuungen in den Übertragern nicht zu verkomplizieren, werden die Streumatrizen der Übertrager in die ATLM-Knotenstreumatrix eingerechnet. Für ideale Übertrager entspricht das der in Gleichung (3.16) angegebenen Umnormierung der Torimpedanzen der Knotenstreumatrix.

Die endgültige Streumatrix eines Berandungsknotens Sw wird durch die folgende Berechnung

Gleichung 3.16(3.16)

bestimmt. G ist eine Diagonalmatrix mit den Elementen

Gleichung 3.17(3.17)

wobei Z0 der Bezugswellenwiderstand ist, und Zi die Elemente des Impedanzvektors z aus Gleichung (3.9), also die charakteristischen Impedanzen der Verbindungsleitungen sind.

Die Elemente ai der Diagonalmatrix A bestimmt man mit

Gleichung 3.18(3.18)

Diese Umnormierung der charakteristischen Impedanzen von Streumatixtoren wurde aus [52], Abschnitt 2.2.2 entnommen.

Die resultierende Streumatrix Sw beschreibt die Ausbreitungseigenschaften der TLM-Pulse für die vorgegebene Wandkombination und kann direkt im ATLM-Schema eingesetzt werden.

3.3.4 Die Feldabbildung an Wandknoten

Für numerische Simulationen ist es unabdingbar, Feldkomponenten im ATLM-Gitter anregen und beobachten zu können. Im Gegensatz zum herkömmlichen TLM gibt es bei ATLM nur die Möglichkeit der zentralen Feldabbildung. Alle sechs Feldkomponenten müssen ins Zentrum der ATLM-Zelle, also in den Streuknoten abgebildet werden.

Die Zellwandabbildung kann nicht verwendet werden, da hierzu die Pulse beider TLM-Teilmengen existieren müssen. Wie aus Abschnitt 2.2.3 bekannt ist, werden für die Berechnung der Feldkomponenten in den Zellenwänden TLM-Pulse zweier benachbarter TLM-Knoten zum gleichen Zeitschritt verküpft. ATLM rechnet aber nur mit einer TLM-Teilmenge, d. h. Pulse benachbart liegender Zellen sind niemals gleichzeitig bekannt. Die Zellwandabbildung ist nicht anwendbar.

Die Veknüpfung der TLM-Pulse mit den Feldkomponenten im Knotenzentrum findet durch die Abbildungsmatrizen Pa und Qa statt, siehe die Gleichungen (2.31) und (2.34). Diese Abbildung ist genauso für ATLM-Zellen anwendbar, vorausgesetzt, sie sind nicht von Wandflächen geschnitten. An ATLM-Zellen mit Wänden sind für die Feldabbildung besondere Wandknotenabbildungsmatrizen erforderlich, die entsprechend der Wandkonfiguration bestimmt werden müssen.

Ganz ähnlich wie bei der Berechnung der Streumatrizen, werden für die Anregung und Beobachtung elektromagnetischer Felder die Lage und Position der ideal leitenden Wände berücksichtigt. Es sind drei Punkte zu beachten. Zum einen können nur TLM-Pulse an existierenden Toren angeregt und beobachtet werden. Des weiteren muß für Tore, die hinter ideal reflektierenden Wänden liegen, das Spiegelprinzip angewandt werden. Außerdem sind die unterschiedlichen Referenzimpedanzen der Streumatrixtore zu berücksichtigen.

Ein weiterer Unterschied zu den Abbildungsmatrizen des wandlosen Knotens besteht darin, daß die im folgenden definierten Feldabbildungsmatrizen Paw und Qaw der Wandknoten nicht in eine allgemeine Beziehung gesetzt werden können. Der Zusammenhang (2.35) zwischen der Feld-Puls- und der Puls-Feld-Abbildung gilt nur für die Abbildungsmatrizen der wandlosen Zellen.

3.3.4.1 Die Feldanregung im ATLM-Gitter

Zur Feldanregung, also zur Berechnung der TLM-Pulse aus den Feldkomponenten

Gleichung 3.19(3.19)

muß die Feldanregungsmatrix Qaw für die betroffene Zelle bekannt sein. Wird der Knoten nicht von Wänden durchschnitten, so entspricht sie der aus Gleichung (2.35) bekannten Abbildungsmatrix Qa. An Wandzellen müssen jedoch die veränderten Torimpedanzen sowie die eliminierten Tore der Wandstreumatrix berücksichtigt werden.

Dazu multipliziert man den Vektor z', der die Wandschnitte an den Streumatrixtoren und somit die charakteristischen Impedanzen der ATLM-Verbindungsleitungen beschreibt, mit der Freiraumfeldanregungsmatrix

Gleichung 3.20(3.20)

Die Elemente des Vektors z' bestimmen sich aus der Lage der Wandflächen im Streuknoten. Es gilt

Gleichung 3.21(3.21)

mit den Vektorelementen

Gleichung 3.22(3.22)

In der resultierenden Matrix Qa' werden die Zeilen, die den eliminierten Streumatrixtoren entsprechen, Null gesetzt. Als Zwischenergebnis erhält man

Gleichung 3.23(3.23)

Dabei sind ri die Elemente des Eliminationsvektors r des Wandknotens, siehe Gleichung (3.7).

Abschließend werden die nicht existenten Feldkomponenten der Wandzelle berücksichtigt, indem die entsprechenden Spaltenelemente der Matrix Qa'' auf Null gesetzt werden. Beispielsweise sind am Feldabtastpunkt im Zentrum der elektrisch leitenden Wandzelle (siehe Bild A.1 im Anhang) die Feldkomponenten Ey = Ez = Hx = 0. Das bedeutet, daß man die Spaltenelemente 2, 3 und 4 der Feldabbildungsmatrix auf Null setzt. Für die Elemente der endgültigen Anregungsmatrix Qaw gilt daher

Gleichung 3.24(3.24)

Die Feldkomponenten sind dazu in der Reihenfolge Ex, Ey, Ez, Hx, Hy, Hz durchnumeriert.

Im Prinzip ist der letzte Eliminationsschritt (3.24) nicht notwendig, wenn man bei der Feldabbildung (3.19) die nicht existenten Feldkomponenten an der Wandfläche von vornherein auf Null setzt. Da davon im allgemeinen Anwendungsfall nicht ausgegangen werden kann und auch eventuelle fehlerhafte Feldanregungen des ATLM-Gitters ausgeschlossen werden sollen, wird die Zuweisung (3.24) grundsätzlich durchgeführt.

Das Beispiel der im Anhang, Bild A.4 abgebildeten Wandzelle mit einer elektrisch und einer magnetisch leitenden Wand soll die Vorgehensweise verdeutlichen. Hier sind die Tore 4, 8, 9 und 11 von Wandflächen geschnitten und auf eine von Z0 verschiedene Impedanz angepaßt. Die Tore 4 und 8 liegen in jeweils einer Wandfläche, 9 und 10 sind von zwei Flächen geschnitten. Der Vektor z' hat hier den Wert

Gleichung 3.25(3.25)

Nach Durchführung der Multiplikation (3.20) werden die nicht benötigten Elemente der Abbildungsmatrix entfernt. Da die Tore 1, 2, 3, 5, 6, 7, 11 und 12 der Beispielzelle nicht vorhanden sind, werden die entsprechenden Zeilen der Feldabbildungsmatrix auf Null gesetzt. Ebenso werden die Matrixspalten eliminiert, die den nichtexistenten Feldkomponenten entsprechen. In der Beispielzelle sind immer Ey = Ez = Hx = Hz = 0. Es werden nur die verbleibenden Komponenten Ex und Hy berücksichtigt. Die resultierende Feldabbildungsmatrix ist im Anhang abgedruckt.

3.3.4.2 Die Feldbeobachtung im ATLM-Gitter

Bei der Feldbeobachtung, also der Bestimmung der Feldkomponenten aus den TLM-Pulsen

Gleichung 3.26(3.26)

benötigt man die Abbildungsmatrix Paw. Ganz ähnlich wie die Feldanregungsmatrix berechnet man Paw aus der Freiraumabbildungsmatrix Pa (siehe (2.33)), unter Berücksichtigung der Wandflächenkonfiguration der ATLM-Zelle. Die veränderten charakteristischen Torimpedanzen sowie die eliminierten Tore müssen in die Berechnung mit einbezogen werden. Im Unterschied zur Feldanregung können die eliminierten Tore nicht einfach ignoriert werden. Bei der Feldbeobachtung müssen sie in Form von Spiegeltoren mitberücksichtigt werden.

Zunächst werden die von Wänden geschnittenen Tore bearbeitet. Dazu definiert man den Vektor

Gleichung 3.27(3.27)

mit den Elementen

Gleichung 3.28(3.28)

und multipliziert ihn mit der bekannten Feldbeobachtungsmatrix Pa aus Gleichung (2.33)

Gleichung 3.29(3.29)

Damit werden die von den Wandschnitten verursachten Veränderungen der charakteristischen Torimpedanzen der Streumatrix in die Feldbeobachtung miteinbezogen.

Im nächsten Schritt füllt man die Zeilen der Beobachtungsmatrix mit Null, die den nicht existenten Feldkomponenten zugeordnet sind. Wie schon im vorherigen Abschnitt erwähnt, sind in der Beispielzelle A.1 die Felder Ey = Ez = Hx = 0. Daher wird den nicht benötigten Matrixzeilen 2, 3 und 4 Null zugewiesen.

Bei der abschließenden Berücksichtigung der aufgrund der Wände eliminierten Streumatrixtore muß beachtet werden, daß sich die hinter Wänden liegenden, also abgedeckten Tore, über das Spiegelprinzip in der Feldbeobachtungsmatrix widerspiegeln. Das bedeutet, daß ein in der Wand gespiegeltes Tor neben dem originalen TLM-Puls auch den virtuellen, gespiegelten TLM-Puls zur Feldbeobachtung darstellt. Um diesen Beitrag zu berücksichtigen, werden die Matrixelemente von Pa', die zu einem Tor gehören, das hinter einer elektrisch leitenden Wand liegt, vom Matrixelement des jeweils gegenüberliegenden Tores subtrahiert. Bei einer magnetisch leitenden Wand müssen die Matrixelemente addiert werden. Anschließend weist man den Matrixelementen der eliminierten Tore Null zu.

Diese Bearbeitung wird am Beispielknoten A.1 erläutert. Er modelliert eine durchgehende, elektrisch leitende Wand. Die Tore 1 und 3 sind von der Wand verdeckt und damit eliminiert. Bei der Feldbeobachtung werden sie jedoch virtuell mitberücksichtigt, indem die ihnen gegenüberstehenden, existierenden Tore 2 und 4 an der Wand gespiegelt werden. Diese Spiegelungen an der elektrisch leitenden Wand beschreibt die Subtraktion der Elemente

Gleichung 3.30(3.30)

und

Gleichung 3.31(3.31)

Ein weiteres Beispiel ist die aus einer magnetisch und einer elektrisch leitenden Fläche bestehende Kantenzelle A.4. Hier liegt das Tor 8 dem von einer magnetisch leitenden Wand abgedeckten Tor 7 gegenüber. Aus dieser Konfiguration folgt

Gleichung 3.32(3.32)

Das Tor 4 spiegelt das von der elektrisch leitenden Wand abgedeckte Tor 3. Daher gilt

Gleichung 3.33(3.33)

Nachdem die gespiegelten Tore in die Feldbeobachtungsmatrizen aufgenommen sind, setzt man, wie bei der Feldanregungsmatrix, alle Matrixspalten auf Null, die zu den nicht vorhandenen Toren zugeordnet sind, und erhält die im Anhang abgedruckten Feldbeobachtungsmatrizen Paw.

3.3.4.3 Besonderheiten der Feldabbildungs- und Feldbeobachtungsmatrizen bei ATLM

Zur Berechnung der Feldabbildung ist eine große Zahl unterschiedlicher Abbildungsmatrizen notwendig. Diese können für einfache Wände sowie für viele Kanten- und Eckzellen problemlos ausgerechnet werden. Eine Ausnahme bilden die Außenkanten und -ecken, bei denen Singularitäten im Feldstärkeverlauf am Abtastpunkt im Zellenzentrum auftreten. Typischerweise sind das alle Wandkombinationen, bei denen die Wandflächen in einem Winkel größer gleich 270° zueinander stehen. Bisher ist es noch nicht gelungen, die Abbildungsmatrizen dieser Zellen zu berechnen.

Bei der Anwendung von ATLM in konkreten Simulationsrechnungen ist diese Einschränkung tatsächlich nicht sehr störend, da konvexe Kanten und Ecken im allgemeinen nur einen sehr geringen Anteil der Strukturgeometrie ausmachen. Bei der Feldbeobachtung kann problemlos auf die Feldabtastung dieser Kantenzellen verzichtet werden. Über die benachbart liegenden Zellen erhält man in fast allen Fällen genügend Informationen, um den Feldverlauf bis zur Kante extrapolieren zu können.

Es muß darauf verzichtet werden, Feldstärken an konvexen Ecken und Kanten anzuregen, da die entsprechenden Abbildungsmatrizen nicht bekannt sind. Sollte eine Anregung für bestimmte Simulationsaufgaben trotzdem erforderlich sein, hat sich das folgende Verfahren bewährt, das in ähnlicher Weise schon im Abschnitt 2.3.4.2 gezeigt wurde. Man führt die Anregung in zwei Schritten durch. Zunächst wird ein Feldverlauf zur Strukturanregung entworfen, bei dem keine Eck- und Kantenzellen betroffen sind. Mit diesem wird die zu simulierende Struktur, z. B. eine Leitung, im ATLM-Gitter angeregt. Nach einer ausreichenden Anzahl von Simulationsschritten hat sich der Leitungsmodus ausgebildet. Von diesem Modus wird nun das Muster der TLM-Pulse abgetastet und gespeichert. Damit werden auch in Eck- und Kantenknoten die inneren Zustände berücksichtigt. Der zweite Schritt besteht aus der Anregung der eigentlichen Simulation mit dem gespeicherten Muster der TLM-Pulse. Diese Methode erlaubt die Feldanregung von komplizierten Geometrien unter Berücksichtigung der Zellen mit konvexen Kanten und Ecken.

 


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© 1997   Bernhard Bader
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