3.4 Absorbierende und strahlende Randbedingungen

Ebenso wie bei der TLM-Methode sind für die Anwendung der ATLM absorbierende und strahlende Randbedingungen notwendig. Die Randbedingungen müssen die notwendige Grundvorausetzung für ATLM, nämlich die Erhaltung der Unabhängigkeit der TLM-Pulse mit gerader und ungerader Parität, erfüllen. In den folgenden drei Abschnitten wird die Anwendbarkeit der schon in den Abschnitten 2.3.1 bis 2.3.3 vorgestellten Randbedingungen für ATLM aufgezeigt und notwendige Veränderungen erläutert.

3.4.1 Einfache absorbierende Randbedingungen

Für die einfach absorbierende Randbedingung sind Modifikationen erforderlich. Da die einfach absorbierenden Wände bei TLM zwischen den Knoten positioniert sind, verkoppeln TLM-Pulse mit unterschiedlicher Parität bei der Reflexion an den Absorberwänden, siehe Abschnitt 2.3.1. Einzig für den Fall, daß der Reflexionsfaktor r=0, also beim Abschluß des homogenen Freiraummediums, können die einfach absorbierenden Wände in der gleichen Form wie für TLM auch für ATLM eingesetzt werden.

Um das Problem der Verkopplung von TLM-Pulsen mit gerader und ungerader Parität zu lösen, werden die absorbierenden Wände um 1/2Delta l in die Knotenebene verschoben. In der gleichen Weise wie bei den ideal leitenden Wänden wird damit verhindert, daß die Randbedingungen die Weiterleitung der TLM-Pulse beeinflussen und beide TLM-Teilmengen vermischen. Die absorbierenden Wände werden also mit der Streuoperation im ATLM-Knoten modelliert. Somit müssen die Streumatrizen der in der absorbierenden Wand liegenden Knoten modifiziert werden.

Die Berechnung der absorbierenden Wandknoten ist einfacher als die Berechnung der Wandknoten mit ideal leitenden Wänden. Das abgedeckte, also senkrecht in die Wand weisende Torpaar des Knotens wird mit dem aus Gleichung (2.52) bestimmten Reflexionsfaktor r eliminiert. Man verwendet dazu die Gleichungen (3.10) bis (3.14). Den betreffenden Elementen der Diagonalmatrix R werden dabei die Reflexionsfaktoren r der absorbierenden Wand zugewiesen.

Zwei kurze Beispiele sollen die Zuordnung erläutern. Eine einfach absorbierende Wand soll das ATLM-Gitter bei z = zmax mit dem Reflexionsfaktor r abschließen. Dies bedeutet, daß die Tore 10 und 12 der in der Wand liegenden Knoten mit dem Reflexionsfaktor r eliminiert werden müssen. Eine zweite einfach absorbierende Wand schließt das Gitter bei z = zmin ab. An diesen ATLM-Knoten müssen die Tore 9 und 11 mit dem Reflexionsfaktor r abgeschlossen werden.

Eine zusätzliche Elimination von Toren, die mit Leitungen, die tangential in der Wand liegen, verknüpft sind, ist nicht erforderlich. Auch werden die charakteristischen Impedanzen dieser Leitungen nicht verändert.

3.4.2 Diskrete Greensche Funktionen

Im allgemeinen bewirkt die bei der Anwendung der diskreten Greenschen Funktion ausgeführte Faltungsoperation eine Verkopplung von TLM-Pulsen mit gerader und ungerader Parität (siehe Gleichung (2.53)). Diese Verkopplung wird durch die Elemente der diskreten Greenschen Matrizen kGn ungleich 0 verursacht, wobei die Summe aus k und den Knotenindizes der Randknoten n ungerade ist. Bei der Anwendung der strahlenden Randbedingung mit diskreten Greenschen Funktionen für ATLM muß gewährleistet sein, daß diese Elemente der Greenschen Matrizen Null sind.

Verwendet man die numerisch aus einer Impulsanregung berechneten diskreten Greenschen Matrizen, dann ist die Bedingung automatisch erfüllt. Der Grund ist leicht verständlich. Bei dieser Vorgehensweise wird der unendlich ausgedehnte Halbraum bzw. ein genügend großes TLM-Gitter mit einem einzelnen Impuls angeregt und die Impulsantwort des Gitters auf der Randfläche abgetastet. Da diese Anregung nur TLM-Pulse mit gleicher Parität betrifft und im Gitter des Halbraumes keine Verkopplung von Pulsen mit unterschiedlicher Parität stattfindet, sind bei der Abtastung der diskreten Greenschen Matrix alle Elemente Null, die zu einer Verkopplung führen würden. Diese Matrizen und daraus abgeleitete gedämpfte Formen können problemlos in ATLM-Simulationsrechnungen eingesetzt werden.

Bei analytisch berechneten und allen weiteren diskreten Greenschen Matrizen muß vor ihrer Anwendung überprüft werden, ob die zur Verkopplung führenden Matrixelemente Null sind. Falls diese Elemente nicht Null sind, müssen sie explizit Null gesetzt werden. Obwohl sich die Eigenschaften der diskreten Greenschen Matrizen dadurch nur geringfügig verändern, sollte ihre Qualität mittels Testrechnungen überprüft werden.

Allgemein ist zu empfehlen, die Faltungsoperation zur Ausführung der Randbedingung so zu modifizieren, daß die verkoppelnden Matrixelemente prinzipiell ignoriert werden. So vermeidet man von vornherein unabsichtliche Verkopplungen und gewinnt als zusätzlichen positiven Nebeneffekt die Einsparung der Hälfte der Rechenoperationen bei der Durchführung der Faltung, also eine schnellere Abarbeitung der Randbedingung bei ATLM-Simulationen.

3.4.3 Absorption in verlustbehaftetem Medium

Absorberschichten mit verlustbehaftetem Medium können, im Gegensatz zu den in den vorherigen Abschnitten erläuterten einfach absorbierenden Randbedingungen und diskreten Greenschen Funktionen, bei ATLM genauso wie bei herkömmlichem TLM eingesetzt werden. Die Methode der Absorption in verlustbehafteten Medien wird vollständig mit der normalen Medienbeschreibung modelliert. Dabei findet keine Verkopplung von TLM-Pulsen mit unterschiedlicher Parität statt. Die Anwendung der verlustbehafteten Absorbermedien ist im Kapitel 2.3.3 beschrieben.

 


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© 1997   Bernhard Bader
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