2.1 Das TLM-Schema

Jeder TLM-Zyklus beschreibt einen Zeitschritt Delta t der elektromagnetischen Wellenausbreitung im TLM-Gitter. In den folgenden Abschnitten wird die Streuung der TLM-Pulse im symmetrisch kondensierten TLM-Knoten und die Weiterleitung der TLM-Pulse zwischen den TLM-Knoten beschrieben.

2.1.1 Die TLM-Zelle

Die TLM-Zelle ist vollständig durch ihre Streumatrix charakterisiert. Dazu sind die folgenden Daten notwendig. Die Geometrie des TLM-Gitters und das Material, mit dem die Zellen gefüllt sind, müssen bekannt sein (siehe Bild 2.2). Üblicherweise arbeitet man mit quaderförmigen Zellen, die die Kantenlängen Delta x, Delta y und Delta z besitzen. Die Materialeigenschaften, also die Dielektrizitätszahl oder Permittivität epsilon und die Permeabilität mu des Mediums in den Zellen können beliebig gewählt werden. Gegebenenfalls können auch Verluste durch elektrisch leitfähige Materialien sigma e und sogar magnetische Verluste sigma m berücksichtigt werden.

Abbildung 2.2

Abb. 2.2: Geometrie- und Materialangaben zur Beschreibung einer TLM-Zelle.

Die Längenangaben in allen in dieser Arbeit behandelten Streumatrizen sind relative Größen. Als Bezugsgröße verwendet man Delta l, gewöhnlich die Kantenlänge der kleinsten im Gitter existierenden TLM-Zelle. Die Zelldimensionen und andere Längenangaben, z. B. Stichleitungslängen, sind auf diese Einheitslänge Delta l normiert. Für die Materialangaben gilt ähnliches. Sie werden auf epsilon0 und mu0, bzw. den Freiraumwellenwiderstand Z0 bezogen. Der Vorteil der Arbeit mit relativen Größen besteht in der übersichtlichen Handhabung. So vereinfacht sich z. B. die Bezugsimpedanz der TLM-Verbindungsleitungen auf Z=1. Des weiteren sind normierte Simulationsdaten leichter auszuwerten. So können die Berechnungsergebnisse zweier dualer Strukturen direkt miteinander verglichen oder bestimmte Eigenschaften der Methode, z. B. die TLM-Grenzfrequenz, besser untersucht werden als mit nichtnormierten Vorgaben.

2.1.2 Die Streuung

Während des TLM-Zyklus findet in jeder TLM-Zelle eine Streuung der TLM-Pulse statt. Sie wird mittels der Multiplikation einer TLM-Streumatrix mit dem Vektor der in die Zelle einlaufenden TLM-Pulsen beschrieben, (siehe (2.1)). Im Resultatvektor sind die aus der Zelle auslaufenden Streuprodukte enthalten.

Die Streuung wird mit dem symmetrisch kondensierte Knoten (SCN) ausgeführt. Die Streumatrix des Knotens einer würfelförmigen TLM-Zelle mit der Kantenlänge Delta l=1 im freien Raum (epsilion r=1 und mu r=1) hat die Form

Gleichung 2.2(2.2)

Die Untermatrix S0 lautet

Gleichung 2.3(2.3)

Eine feldtheoretische Begründung der (12×12)-Matrix des symmetrisch kondensierten Knotens im freien Raum findet man in [8] und in [9].

2.1.2.1 Die Streumatrix des symmetrisch kondensierten Knotens mit Stichleitungen

Um unterschiedliche Materialeigenschaften beschreiben zu können, wird der symmetrisch kondensierte Knoten erweitert. Dazu bringt man Stichleitungen (engl. stubs) im Knoten an. Sie beeinflussen die Ausbreitung der TLM-Pulse im TLM-Gitter entsprechend den Materialeigenschaften epsilon r und mu r. Die in eine TLM-Zelle einlaufenden Pulse werden nach ihrer Streuung nicht nur zu den Nachbarzellen, sondern auch in die am Knoten angeschlossenen Stichleitungen geleitet. Die in ihnen laufenden Pulse werden nach einem halben Zeitschritt am Leitungsende reflektiert und erscheinen nach dem Ablauf eines Zeitschrittes wieder am Eingang der Stichleitung, wo sie beim nächsten Zeitschritt erneut gestreut werden. Die Länge der Stichleitungen ist 1/2Delta l. Bild 2.3 zeigt in einer zweidimensionalen Prinzipskizze die Anordnung der Stichleitungen im Knoten.

Abbildung 2.3

Abb. 2.3: Ein zweidimensionaler Schnitt durch das Gitternetz zeigt TLM-Knoten mit Stichleitungen.

Für die Materialmodellierung mit dem dreidimensionalen symmetrisch kondensierten Knoten sind drei kurzgeschlossene und drei mit Leerlauf abgeschlossene Stichleitungen notwendig. Sie werden an sechs zusätzliche Tore des Streuknotens angeschlossen. Dazu ist die folgende Erweiterung der Streumatrix des Knotens auf eine 18×18-Matrix erforderlich.

Die Streumatrix S beschreibt eine würfelförmige TLM-Zelle mit der Kantenlänge Delta l und mit den Materialeigenschaften epsilon r und mu r, sowie den Verlusten sigma e und sigma m. Es gilt

Gleichung 2.4(2.4)

An dieser Darstellung erkennt man die Aufteilung der Streumatrix in die unterschiedlichen Bereiche für die eigentliche Streuung im TLM-Knoten und die Verknüpfung der Stichleitungen mit dem Knoten. Die Untermatrix S0 beschreibt die direkte Streuung zwischen den äußeren 12 Toren. Die Stichleitungen sind über K und KT mit den Toren 13 bis 18 verbunden. Dabei beinhaltet KT die Streuung der TLM-Pulse von den Toren 1 bis 12 in die Stichleitungen, und die Matrix K verbindet die aus den Stichleitungen auslaufenden TLM-Pulse mit den TLM-Toren 1 bis 12.

Die gewünschte Wirkung der Stichleitung, nämlich die Verzögerung der Wellenausbreitung, wird durch die Diagonalmatrix L erreicht. Sie verknüpft die Stichleitungen mit sich selbst. Sobald sich ein TLM-Puls in einer Stichleitung befindet, wird er während jeder folgenden Streuoperation nur zu einem in K vorgegebenen Anteil zu den auslaufenden Toren geleitet. Der verbleibende Teil läuft nach der Reflexion an L in die Stichleitungen zurück. Demnach wird ein einmal in eine Stichleitung eingespeister TLM-Puls über alle folgenden TLM-Zyklen verteilt an das Gitter abgegeben. Die Amplitude des zurückgespeisten Pulses klingt mit dem durch K und L vorgegebenen Verhältnis ab. Diese Verzögerung der TLM-Pulse in den TLM-Knoten modelliert die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen im Medium.

Die Materialeigenschaften epsilon r und mu r sind mit den Impedanzen der Stichleitungen verknüpft. Die kurzgeschlossenen Stichleitungen, die mit den Toren 13, 14 und 15 der Streumatrix verbunden sind, charakterisieren die Dielektrizitätszahl. Die Permeabilität modelliert man mit den Leerlaufstichleitungen an den Toren 16, 17 und 18. Die Aufteilung der Materialeigenschaften auf jeweils drei Stichleitungen entspricht der Zuordnung zu den drei Koordinatenrichtungen. Die Stichleitungen sind also der Reihe nach den Komponenten Ex, Ey, Ez, Hx, Hy und Hz zugeordnet.

In den Stichleitungen können auch Verluste modelliert werden. Neben den elektrischen Leitungsverlusten sigma e werden auch in realen Medien nicht auftretende magnetische Verluste sigma m berücksichtigt. Dazu führt man Verlustterme ein, die in der Streumatrix und den Stichleitungen eine Abnahme der Energie der TLM-Pulse bewirken.

Mit Freiraummedium, also epsilon r=1, mu r=1 und ohne Verluste, ist die (12×12)-Streumatrix S0 gleich der Matrix S aus Gleichung (2.2). Die Stichleitungen können entfallen, da K=0.

Mit Medium gilt für die Teilmatrizen des symmetrisch kondensierten Knotens mit Stichleitungen aus Gleichung (2.2)

Gleichung 2.5(2.5)

Die notwendigen Untermatrizen A und B lauten

Gleichung 2.6a und Gleichung 2.6b(2.6)

Für die Verküpfung der Stichleitungen gilt

Gleichung 2.7a , Gleichung 2.7b(2.7)

wobei die Untermatrizen folgende Form aufweisen

Gleichung 2.8a , Gleichung 2.8b ,
Gleichung 2.8c , Gleichung 2.8d ,
Gleichung 2.8e , Gleichung 2.8f(2.8)

und

Gleichung 2.9a , Gleichung 2.9b(2.9)

Die von den Materialeigenschaften abhängigen Parameter alpha, beta, gamma, delta und chi i berechnet man mittels

Gleichung 2.10(2.10)

Gleichung 2.11(2.11)

Gleichung 2.12(2.12)

Gleichung 2.13(2.13)

Gleichung 2.14a, Gleichung 2.14b(2.14)

Gleichung 2.15a, Gleichung 2.15b(2.15)

Für die Stichleitungen bestimmt man die Admittanz und Impedanz zu

Gleichung 2.16a und Gleichung 2.16b(2.16)

Die elektrischen Verluste gs und die magnetischen Verluste rs erhält man aus

Gleichung 2.17a und Gleichung 2.17b(2.17)

wobei Z0=Y0-1 der Freiraumwellenwiderstand ist.

2.1.2.2 Die Streumatrix für variables Gitter und einfach anisotropes Medium

Diskretisiert man das Simulationsgebiet mit unterschiedlichem Gitterabstand oder verwendet man anisotrope Medieneigenschaften, so ist eine weitere Spezialisierung der Streumatrixdarstellung notwendig.

Bei der Verwendung von gradueller Gitterdiskretisierung muß es möglich sein, für jede TLM-Zelle die Kantenlängen Delta x, Delta y und Delta z beliebig vorzugeben. Ebenso werden bei der anisotropen Materialbeschreibung mit epsilon rx, epsilon ry, epsilon rz, mu rx, mu ry und mu rz die Raumrichtungen unterschieden. Die nichtäquidistante Diskretisierung und das anisotrope Material modelliert man mit Stichleitungen, die in den drei Raumrichtungen unterschiedliche Impedanzen bzw. Admittanzen aufweisen.

Die Streumatrix des symmetrisch kondensierten Knotens mit Stichleitungen für anisotropes Medium und nichtäquidistantes Gitter hat folgende Form

Gleichung 2.18(2.18)

Die Matrix entspricht auf den ersten Blick der Streumatrix mit äquidistantem Gitter aus Gleichung (2.4). Hier sind jedoch die Stichleitungsparameter aus den Gleichungen (2.16) und (2.17) von den drei Koordinatenrichtungen abhängig. Die Matrix (2.18) wird zur übersichlichen Darstellung als Ganzes dargestellt und nicht in Untermatrizen aufgeteilt.

Die Richtungsabhängigkeit der Elemente der Streumatrix ist in den beiden zusätzlichen Zeilen unterhalb der Matrix angegeben. Hier stehen die Indizes für die Parameter der Streuelemente der jeweils darüberliegenden Matrixspalte. Die Indizes in der vorletzten Zeile werden den Admittanzen ys und den Leitwerten gs zugeordnet. Die Indizes der Impedanzen zs und der Verlustterme rs befinden sich in der untersten Zeile.

Ein Beispiel soll die Zuordnung der Parameter zeigen. Beim Element S11 der Streumatrix (2.18) ist die Admittanz mit y indiziert. Die Impedanz erhält den Index z. Explizit lautet das Streumatrixelement

Gleichung 2.19(2.19)

Ein weiteres Beispiel zeigt das Element S71. Es berechnet sich zu

Gleichung 2.20(2.20)

Der erste Index y wird in diesem Fall nicht benötigt, da S71 keine Admittanzen besitzt.

Die richtungsabhängigen Parameter der Stichleitungen berechnen sich zu

Gleichung 2.21a, Gleichung 2.21b,
Gleichung 2.21c, Gleichung 2.21d,
Gleichung 2.21e, Gleichung 2.21f(2.21)

Für anisotrope Verluste benötigt man außerdem

Gleichung 2.22a, Gleichung 2.22b,
Gleichung 2.22c, Gleichung 2.22d,
Gleichung 2.22e, Gleichung 2.22f(2.22)

Genauso wie im isotropen Fall gelten für die Streumatrixelemente die Gleichungen (2.10)-(2.15). Es müssen lediglich die richtungsabhängig indizierten Impedanzen, Admittanzen und Verlustterme eingesetzt werden. (Siehe auch [6, 10].)

Um die Stabilität der TLM-Berechnungen zu gewährleisten, muß unbedingt beachtet werden, daß die Impedanzen und Admittanzen der Gleichungen (2.21) nicht Null oder negativ werden. Die Bedingungen

Gleichung 2.23a, Gleichung 2.23b(2.23)

müssen eingehalten werden. Wird (2.23) nicht erfüllt, ergeben sich bei Simulationen innerhalb weniger Rechenschritte numerische Instabilitäten, die zu unbrauchbaren Resultaten führen. Vor jeder Simulationsrechnung muß diese Stabilitätsbedingung an allen TLM-Zellen gesondert überprüft werden. Gegebenenfalls ist die Bezugslänge des TLM-Gitters Delta l soweit zu verkürzen, bis (2.23) für sämtliche TLM-Zellen erfüllt ist.

Eine Untersuchung dieser Streumatrix, die zur Modellierung verschiedener Medien und zur Beschreibung eines graduellen Gitters mit der TLM-Methode geeignet ist, hat Hein in [7] veröffentlich. In dieser Arbeit zeigt er die Konsistenz der Streumatrix des symmetrisch kondensierten TLM-Knotens mit Stichleitungen mit den Maxwellgleichungen.

2.1.3 Die Pulsweiterleitung

Ein TLM-Zyklus besteht neben der Streuung aus der Weiterleitungsoperation der TLM-Pulse. Dieser, auch als Propagation bezeichnete Schritt, beschreibt die Ausbreitung der TLM-Pulse auf den Übertragungsleitungen zwischen den TLM-Knoten sowie die Pulsreflexion an den Enden der Stichleitungen.

Bei der Propagation werden die aus einem Knoten auslaufenden TLM-Pulse bk,l,m,n an die sechs Nachbarzellen geleitet. Dort werden sie zu den einlaufenden Pulsen ak+1,l',m',n'. Dabei bestimmt der Index k den Zeitschritt t=kDelta t und mit l, m, n wird die Koordinatennummern der jeweiligen TLM-Zelle festgelegt. Die Weiterleitungsoperation bzw. Propagation wird durch die Zuweisungen

Gleichung 2.24a, Gleichung 2.24b,
Gleichung 2.24c, Gleichung 2.24d,
Gleichung 2.24e, Gleichung 2.24f,
Gleichung 2.24g, Gleichung 2.24h,
Gleichung 2.24i, Gleichung 2.24j,
Gleichung 2.24k, Gleichung 2.24l(2.24)

definiert.

Arbeitet man mit Streuknoten, die zur Materialbeschreibung Stichleitungen verwenden, werden die Reflexionen an ihren Enden ebenfalls während der Propagationsoperation ausgeführt. Es gelten die zusätzlichen Reflexionsbedingungen

Gleichung 2.25a, Gleichung 2.25b,
Gleichung 2.25c, Gleichung 2.25d,
Gleichung 2.25e, Gleichung 2.25f(2.25)

Die TLM-Pulse in den Stichleitungen 13-15, die die Dielektrizitätseigenschaften beschreiben, werden an einem Kurzschluß reflektiert, also mit dem Faktor -1 multipliziert zurückgeworfen. Die Permeabilität wird mit den leerlaufenden Stichleitungen 16-18 modelliert. Das offenen Ende dieser Leitungen entspricht dem Reflexionsfaktor +1.

Beschreibt man neben dem Streuprozeß im TLM-Knoten auch die Propagation auf den Verbindungsleitungen mit Streumatrizen, so kann man die Verknüpfung der TLM-Streumatrizen als eine Zusammenschaltung allgemeiner S-Matrizen darstellen. Bild 2.4 zeigt die Verbindung der Streu- und Propagationsmatrizen in einem zweidimensionalen Ausschnitt des TLM-Gitters.

Abbildung 2.4

Abb. 2.4: Verknüpfung der Streu- und Propagationsmatrizen im TLM-Gitter. Dargestellt ist ein zweidimensionaler Ausschnitt des dreidimensionalen Gitters.

Die Verbindungsmatrix Gamma, die die benachbarten Streuknoten verknüpft, lautet

Gleichung 2.26a mit Gleichung 2.26b(2.26)

Der Parameter p beschreibt die Phasenverschiebung der TLM-Pulse bei der Ausbreitung zwischen den Streuknoten. Die TLM-Zyklusdauer wird dabei durch Delta t ausgedrückt.

2.1.3.1 Die Strukturwände

Ideal elektrisch leitende Wände werden meist zur Modellierung der metallischen Strukturelemente einer Teststruktur verwendet. Die Wände eines Hohlleiters bestehen beispielsweise aus idealen elektrischen Wänden. Magnetisch leitende Wände sind typische Symmetrie- bzw. Spiegelflächen. Ist eine Struktur spiegelsymmetrisch aufgebaut, dann reicht es oft aus, nur eine Hälfte der Geometrie mit TLM-Zellen zu diskretisieren und an der Symmetriefläche eine ideale magnetische Wand als Spiegel einzusetzen. Der Rechenaufwand sinkt auf die Hälfte im Vergleich zu einer Simulationsrechnung, die die vollständige Struktur berücksichtigt.

Zur Modellierung von ideal leitenden Wandflächen und einfachen absorbierenden Randflächen verändert man die Propagationsoperation des TLM-Schemas. Die zwischen den Zellen liegenden Wände werden durch Reflexionen der auf den Verbindungsleitungen laufenden TLM-Pulsen modelliert.

Der Ausschnitt des TLM-Gitters in Bild 2.5 zeigt ein Beispiel mit zwei ideal elektrisch leitenden Wänden und einer einfach absorbierenden Wand. Da die Wände, wie in der Abbildung deutlich dargestellt, zwischen den Streuknoten angeordnet sind, können sie leicht während der Pulspropagation beschrieben werden.

Abbildung 2.5

Abb. 2.5: Zweidimensionaler Schnitt durch ein dreidimensionales TLM-Gitter mit zwei ideal elektrisch leitenden Wänden und einer einfach absorbierenden Randbedingung.

Im allgemeinen Fall werden die aus der TLM-Zelle herauslaufenden TLM-Pulse an der zwischen den Zellen liegenden Wand mit deren Reflexionsfaktor r multipliziert und in ihre Ursprungszelle zurückgeleitet. Für Knoten, die vor einer Wand in der y-z-Ebene angeordnet sind, bedeutet das

Gleichung 2.27a,
Gleichung 2.27b(2.27)

und hinter der Wand gilt

Gleichung 2.28a,
Gleichung 2.28b(2.28)

Bei Wänden in der x-y- und der x-z-Ebene werden die entsprechenden anderen Tore verknüpft. Der Reflexionsfaktor r bestimmt den Typ einer Wand. In der nachfolgenden Tabelle sind die drei möglichen Wandtypen mit zugehörendem r aufgelistet.

Tabelle S17 mit Reflexionsfaktoren

Die auf eine elektrische Wand auftreffenden TLM-Pulse werden mit umgekehrtem Vorzeichen reflektiert. Beim Auftreffen auf eine magnetische Wand werden die TLM-Pulse unverändert zurückgeworfen.

An den einfach absorbierenden Wände werden die aus den Zellen herausführenden Verbindungsleitungen so abgeschlossen, daß senkrecht einfallende Wellenfronten nicht reflektiert werden. Der Reflexionsfaktor r wird dazu an den Feldwellenwiderstand Zr des Simulationsgebiets angepaßt. Die einfach absorbierenden Wände werden im Abschnitt 2.3.1 genauer erläutert.

2.1.3.2 Die Ausbreitungsgeschwindigkeit im TLM-Gitter

Zur Bestimmung der Ausbreitungsgeschwindigkeit von elektromagnetischen Signalen im TLM-Gitter untersucht man den Weg einzelner TLM-Pulse. Beispielsweise liefert ein in Tor 2 einlaufender TLM-Puls gestreute Pulse an den Toren 7, 8, 11 und 12. Bild 2.1 zeigt die Numerierung der Tore. Verfolgt man einen dieser Pulse über mehrere TLM-Zyklen, so findet man den in Bild 2.6 gezeigten Weg. In dem abgebildeten zweidimensionalen Ausschnitt des dreidimensionalen TLM-Gitters sieht man, daß die TLM-Pulse auf einem Zickzackweg durch das Gitter wandern. Ein direkter, gerader Weg ist nicht möglich. Die Ursache steckt in der Streumatrix. In ihrer einfachsten Form (siehe Gleichung (2.2)) gibt es keine direkte Vorwärtsstreuung. Der an Tor 2 einlaufende TLM-Puls wird also nie geradeaus nach Tor 4 geleitet, er streut nur zu den seitlichen Toren 7, 8, 11 und 12. Von dort wandern die Pulse in die seitlich gelegenen Nachbarzellen. Hier überlagern sie sich mit den von den gegenüberliegenden Toren einlaufenden TLM-Pulsen, streuen wieder zur Seite und laufen in der ursprünglichen Richtung weiter.

Abbildung 2.6

Abb. 2.6: Ausbreitungsweg eines TLM-Pulses im TLM-Gitter (zweidimensionaler Ausschnitt des dreidimensionalen Gitters).

Aus diesen Überlegungen läßt sich die maximale Ausbreitungsgeschwindigkeit von elektromagnetischen Wellen im TLM-Gitter bestimmen. Da sich die TLM-Pulse nur auf den im Bild 2.6 gezeigten Zickzackwegen im TLM-Gitter ausbreiten, ist ihre effektive Ausbreitungsgeschwindigkeit maximal

Gleichung 2.29(2.29)

Dabei beträgt die Kantenlänge der TLM-Zellen Delta l, und Delta t ist die Dauer eines TLM-Zeitschritts.

Die maximale Grenze c0 für die effektive Ausbreitungsgeschwindigkeit ist bemerkenswert. Obwohl eine elektromagnetische Welle im TLM-Gitter eine Geschwindigkeit von maximal nur einem Delta l pro 2Delta t erreicht, benötigen die einzelnen TLM-Pulse immer einen Zeitschritt, um von einem Streuknoten zum benachbarten zu laufen. Die TLM-Pulse breiten sich immer mit

Gleichung 2.30(2.30)

entlang der TLM-Verbindungsleitungen aus.

Die Abhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit von der Ausbreitungsrichtung, also die Dispersion der Wellenausbreitung im TLM-Gitter, hat Krumpholz in [9] näher betrachtet. Ein numerisch bestimmtes Dispersionsdiagramm ist in Abschnitt 2.4 abgebildet. Weitere Untersuchungen zur Dispersion der Wellenausbreitung im TLM-Gitter sind in [36-39] zu finden.

Es wird noch auf eine weitere Bedeutung der Gleichung (2.29) hingewiesen. Im Gegensatz zu anderen numerischen Verfahren im Zeitbereich, z. B. den FD-Verfahren (finite Differenzen), ist bei TLM das Verhältnis zwischen der Gitterdiskretisierung Delta l und dem Zeitschritt Delta t durch (2.29) fest vorgegeben und kann nicht frei gewählt werden. Simulationsrechnungen mit variablem Gitter sind nur über die Manipulation der Medieneigenschaften der TLM-Gitterzellen möglich, siehe dazu die Gleichungen (2.18) bis (2.22).

 


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© 1997   Bernhard Bader
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