2.4 Dispersionseigenschaften des TLM-Gitters

Berechnet man in diskreten Gittern die elektromagnetische Ausbreitung von kurzwelligen Signalen, so stellt man von der Wellenlänge und der Ausbreitungsrichtung abhängige Ausbreitungseigenschaften fest. Je höher die Signalfrequenzen werden und je näher die Wellenlängen in den Bereich der Gitterdiskretisierung kommen, umso deutlicher wird dieser Effekt beobachtbar. Diese Abweichung von der theoretischen elektromagnetischen Wellenausbreitung bezeichnet man als Gitterdispersion. Die diesem Effekt zugrundeliegende Dispersionsrelation wurde in [36-40] diskutiert. Sie soll hier durch ein numerisch berechnetes Dispersionsdiagramm der TLM-Methode ergänzt werden.

In einem ausreichend großen TLM-Gitter wird eine elektrische Feldlinie angeregt. Der Feldverlauf der von der Anregung ausgehenden Wellenfront wird an verschiedenen Beobachtungspunkten aufgenommen und im Frequenzbereich ausgewertet. Die richtungsabhängigen Ausbreitungsgeschwindigkeiten werden für konstante Frequenzen in den Wellenvektor umgerechnet und in ein Diagramm eingetragen.

Abbildung 2.18

Abb. 2.18: Das numerisch berechnete Dispersionsdiagramm der Wellenausbreitung im TLM-Gitter in der Ebene z=0 zeigt die Wellenzahl kr für verschiedene Frequenzen in Abhängigkeit vom Ausbreitungswinkel phi.

Das Diagramm in Bild 2.18 veranschaulicht die Dispersion des TLM-Gitters. Es sind die Ausbreitungseigenschaften in der Gitterebene z=0 dargestellt. An der Abszisse kann der Winkel zwischen der x-Achse des TLM-Gitters und der Ausbreitungsrichtung der Welle abgelesen werden. In Ordinatenrichtung ist das Verhältnis f/(v r(phi) aufgetragen. Dieser Wert ist proportional zur Wellenzahl k=2 pi f/(v r(phi). An den Kurven konstanter Frequenz kann also die richtungsabhängige Wellenzahl abgelesen werden.

Niederfrequente Signale, also Signale mit Wellenlängen, die deutlich größer als die Gitterdiskretisierung Delta l sind, breiten sich im Freiraumgitter in allen Richtungen annähernd gleich aus. Sind die Wellenlängen der Signale kleiner und näher an Delta l, dann verstärkt sich die Richtungsabhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit.

Berechnet man aus den Kurvenverläufen des Diagramms 2.18 die Ausbreitungsgeschwindigkeit in Richtung der Gitterachsen (phi = 0), so findet man den bekannten Wert v r=Delta l/(2 Delta t). Im TLM-Gitter tritt bei der Wellenausbreitung in dieser Richtung keine Dispersion auf. Mit zunehmendem Winkel, d. h. mit Annäherung der Ausbreitungsrichtung an die Gitterdiagonale, sinkt die Geschwindigkeit. Dieser Dispersionseffekt nimmt mit steigender Frequenz zu. Daraus folgen Signalverzerrungen, die besonders bei hochfrequenten Anregungen zu Simulationsfehlern führen. Speziell die direkte Bestimmung von Impulsantworten, wie sie in der Systemtheorie häufig verwendet werden, ist mit TLM-Simulationsrechnungen nicht möglich.

 


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© 1997   Bernhard Bader
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