3.5 Dispersionseigenschaften des ATLM-Gitters

Im Gegensatz zum freien Raum, der keine Vorzugsrichtungen und keine obere Grenzfrequenz bei der Wellenausbreitung besitzt, sind richtungs- und frequenzabhängige Einflüsse bei numerischen Feldberechnungsverfahren, wie bei TLM und ATLM oder auch Finite-Differenzen-Verfahren, vorhanden. Diese Eigenschaften können mit Dispersionsrelationen beschrieben werden und sind in Dispersionsdiagrammen grafisch darstellbar. Aus den Dispersionsdiagrammen bzw. den Dispersionsrelationen bestimmt man die Richtungsabhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen konstanter Frequenz bei der Modellierung mittels der jeweiligen numerischen Methode. Außerdem erhält man Informationen über unphysikalische Signalanteile, die die Feldberechnung stören können. Die Dispersionsrelation berechnet man aus den mathematischen Beschreibungen der numerischen Methode.

Bei der Untersuchung der Dispersionsrelation von TLM in [9] wurde gezeigt, daß bei dieser Methode neben den physikalischen Feldlösungen auch unphysikalische hochfrequente Signalanteile ausbreitungsfähig sind. Diese Feldanteile, die bei bestimmten Simulationsbeispielen in den zeitlichen Feldverläufen deutlich sichtbar sind (siehe z. B. Bild 3.3), werden als parasitäre Lösungen oder spurious solutions bezeichnet.

Betrachtet man das ATLM-Gitter, so stellt sich die Frage, ob die Eigenschaften der elektromagnetischen Wellenausbreitung im Vergleich zum herkömmlichen TLM-Gitter unterschiedlich sind. Dazu wurden in [23] die Dispersionseigenschaften des ATLM-Gitters im unendlich ausgedehnten Freiraum untersucht. Die niederfrequenten Ausbreitungseigenschaften des ATLM-Gitters stimmen mit denen des TLM-Gitters überein. Man beobachtet bei ATLM ebenso wie bei TLM die Richtungsabhängigkeit der Wellenausbreitung, wobei die Ausbreitung in Achsenrichtung dispersionsfrei ist. Ebenfalls nimmt die Dispersion mit steigender Frequenz zu.

Die bei TLM vorhandenen hochfrequenten parasitären Feldlösungen sind jedoch bei ATLM nicht existent. Diese Eigenschaft wird anschaulich schnell klar, wenn man bedenkt, daß bei TLM Pulse mit beiden Paritäten nur schwach verkoppelt sind, die Feldverläufe aber abwechselnd aus TLM-Pulsen mit gerader und ungerader Parität rekonstruiert werden. Niederfrequente Signale, die in beiden TLM-Teilmengen mit unterschiedlichen Amplituden modelliert werden, führen daher bei der Feldberechnung sofort zu den bekannten hochfrequenten parasitären Störsignalen. Da diese unphysikalischen Feldlösungen nur bei Simulationsrechnungen mit beiden TLM-Teilmengen auftreten, sind sie bei ATLM, das nur mit einer Teilmenge arbeitet, nicht vorhanden.

Die Unterdrückung der hochfrequenten parasitären Moden im ATLM-Gitter ist neben dem reduzierten Speicheraufwand der zweite wichtige Vorteil der neuen ATLM-Methode. Besonders bei Strukturen, die von großen Freiräumen umgeben sind und somit die Entstehung von unphysikalischen Signalen bei TLM begünstigen, ist die Unterdrückung der parasitären Feldlösungen wichtig.

 


nächster Abschnitt
vorheriger Abschnitt
© 1997   Bernhard Bader
zurück zum Inhaltsverzeichnis